Der Sohn des Meisters

Mein Sohn ist jetzt schon bald drei Jahre alt und zeigt noch keine besonderen Fähigkeiten für Kampfsport. Leider habe ich versäumt, ihm als Baby den Spagat beizubringen. Da habe ich schon den ersten Zug verpasst. Hoffentlich bringt mein Sprößling später nicht genügend Willenskraft auf, um diese Übung zu erlernen, oder ist der Spagat gar nicht gut vom gesundheitlichen Standpunkt her gesehen? Wie ist es überhaupt möglich, ohne ungesunde Gymnastikübungen den Spagat zu erlernen? Na ja, Beweglichkeit ist nicht alles, aber ich spüre den Druck, etwas für die sportliche Karriere des Kleinen zu tun. Bekannte Tennisgrößen haben ja schon in seinem alter mit dem gezielten Training begonnen und auch Budo-Kampfsportler beginnen anscheinend immer
früher mit dem Training. Wie ist es sonst zu erklären, dass eine Tageszeitung im Lokalteil die Schlagzeile „Mit acht Jahren schon den zweiten Dan“ unter das Foto eines kleinen Jungen schreibt, der stolz eine (offensichtlich) internationale Urkunde präsentiert? Im kurzen Text erfahren wir weiter, dass er diese hohe Graduierung nach vier Jahren hartem Training erworben hat. Nun ist nicht ganz klar, ob er vom ersten zum zweiten Dan vier Jahre gebraucht hat (dann hätte er mit vier Jahren den ersten Dan gehabt) oder (was wahrscheinlicher ist), dass er sich  insgesamt vier Jahre bis zum zweiten Dan vorbereitete und also mit vier Jahren begonnen hat. Da bleibt mir ja noch ein Jahr Zeit, bevor mein Junge in das harte Training einsteigen muss. Aber dieser Rekord lässt sich
ganz bestimmt noch unterbieten und ich warte schon auf die nächste Meldung, die lauten könnte „Jüngster Danträger Deutschlands mit gerade mal vier Jahren“ oder „Meistergrad im Mutterleib“…

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